Da ich es gesucht und nicht selbst gefunden habe, möchte ich den praktischen Prüfungsumfang der aktuellen SBF Binnen-Prüfung (Stand 08.07.2017) hier einmal wiedergeben.
Wer diese Seite etwas aufmerksamer verfolgt, mag zu Recht vermutet haben, dass ich schon länger im Besitz des SBF (Sportbootführerschein) Binnen bin. Der SBF Binnen ist – im Gegensatz zum SBF See – differenziert nach „unter Segel“ und „unter Motor“. Bisher hatte ich nur den Motorteil, seit Winter 2016 arbeite ich an dem Segelteil. Am letzten Samstag war praktische Prüfung.
Prinzipiell umfasst der Prüfungsumfang natürlich zwei Teile: Theorie und Praxis. Die theoretische Prüfung besteht wiederum aus vier Themenkomplexen, die in einen Fragebogen eingehen. Das sind der Basisteil und die spezifischen Teile für Binnen, Motor und Segel. Details zu den jeweils aktuellen Fragebögen, Umfängen und Zeitkontingenten findest Du u.a. bei der Wassersportakademie. Die haben auch einen sensationell guten Onlinetrainer, der mich durch meine Segelzusatzprüfung gebracht hat.
Hier soll es aber um die Praxis gehen – dazu habe ich im Vorfeld wenig Information gefunden.
Der praktische Prüfungsumfang ist dreigeteilt: Knotenkunde, Motor und Segel. Wie bei den Bundesjugendspielen bekommt jeder Prüfling eine Laufkarte, die er dem jeweiligen Prüfer übergibt und die die Prüfungsbedingungen enthält. Und das sind:
Prüfungsumfang Knotenkunde
Aus folgenden neun Knoten wählt der Prüfer sieben Knoten aus. Davon muss der Prüfling sechs unfallfrei stecken und ihren Zweck erklären können:
- Achtknoten (verhindert das Ausrauschen eines Endes)
- Kreuzknoten (verbindet zwei gleich starke Enden)
- Palstek (erzeugt ein sich nicht zuziehendes Auge, zum Festmachen an Poller oder Pfahl)
- einfacher oder doppelter Schotstek (verbindet zwei unterschiedlich starke Enden)
- Stopperstek (zum Belegen auf einer gespannten Leine, bspw. einer Schlepptrosse)
- Webeleinstek (zum Belegen an einer Stange, bspw. für Fender an der Reling)
- Webeleinstek auf Slip (s.o., aber schnell zu lösen)
- Rundtörn mit zwei halben Schlägen (zum Festmachen an einer Stange oder einem Rohr)
- Belegen einer Klampe mit Kopfschlag (zum Festmachen)
Auf Lücke lernen ist hier also schwierig und gleichzeitig dumm. Die Knoten sind kein Hexenwerk, allein der Palstek ist ein bisschen komplexer, aber gleichzeitig in der Praxis auch wichtig. Das Internet und insbesondere Youtube sind voll mit hilfreichen Anleitungen dazu.
2 Versuche
Wie bei den anderen Teilen auch, hast Du zwei Versuche. Erst wenn der Knoten dem Prüfer präsentiert wird, gilt das als Versuch. Wenn Du also ein Auge zu klein gemacht, ein Ende zu kurz genommen hast, mach es nochmal, bevor Du es dem Prüfer zeigst. Reden hilft – wie immer – auch hier: wenn Du bspw. beim Palstek dem Prüfer erklärst, dass Dir das freie Ende zu kurz geraten ist und Du Sorge hättest, dass sich der Knoten durch Scheuern öffnet, und Du ihn daher sicherheitshalber ein zweites Mal steckst, wird das Dein Nachteil nicht sein.
Ich habe noch nicht davon gehört, dass die Knoten wirklich durch jeden Prüfling separat gesteckt werden mussten. Bei unserer Motorprüfung in 2001 geschah das während der Motorprüfung durch die Prüflinge, die gerade zwar an Bord, aber nicht am Steuer waren. Und wenn man zu viert am Tisch sitzt und alle sollen gleichzeitig einen Kreuzknoten stecken, kann man sich schon einmal was abgucken, wenn man gerade intellektuelle Ladehemmung hat. Auch dieses Mal standen sich immer zwei Prüflinge gegenüber und haben synchron geknotet, die anderen Prüflinge standen drumherum.
Abgucken ist also wahrscheinlich möglich, aber nur bedingt hilfreich. Denn einen Palstek nur aus dem Augenwinkel abgeguckt nachzubauen, wird nicht gelingen! Lernen ist also schon notwendig.
Wer bereits den SBF See oder den SBF Binnen unter einer Antriebsart hat, braucht diesen Teil nicht nochmals ablegen.
Prüfungsumfang unter Motor
Wie auch der Segelteil besteht der Motorteil aus zwei Abschnitten: Pflichtmanöver (alle von jedem Prüfling zu fahren) und sonstige Manöver (nur eine Untermenge erforderlich).
Pflichtmanöver sind:
- Rettungsmanöver unter Maschine (Mensch über Bord)
- Anlegen unter Maschine
- Ablegen unter Maschine
Alle drei Aufgaben müssen mit ausreichendem Ergebnis ausgeführt werden (was „ausreichend“ ist, bestimmt der Prüfer). Für jedes Manöver hat der Prüfling zwei Versuche. Wenn’s also beispielsweise beim Anlegen nicht passt, weil eine Böe reinschlägt, lieber kontrolliert abbrechen und einen zweiten Versuch starten, als Bruch zu riskieren.
Diese Manöver sollten also sitzen, da sie auf jeden Fall geprüft werden und alle drei bestanden werden müssen.
„Sonstige Manöver“ sind:
- kursgerechtes Aufstoppen
- Wenden auf engem Raum
- Fahren nach Schifffahrtszeichen / Landmarken
- Anlegen einer/s Rettungsweste/Sicherheitsgurts
- Manöverschallsignal (eins von drei)
Davon wählt der Prüfer maximal drei aus, von denen mindestens zwei mit ausreichendem Ergebnis ausgeführt werden müssen.
„Theoriepraxis“
Und darin liegt eine Chance: wer die Schallsignale beherrscht und eine Rettungsweste anhat, gibt dem Prüfer die Möglichkeit, eine vielleicht nicht brilliante Leistung in einem der Manöver zu „übersehen“. Und andersherum: selbst, wenn Du gut Bootfahren kannst, könnte Dich ein Prüfer auf die Probe stellen, wenn er Dir eine (Dir unbekannte) Rettungsweste in die Hand drückt und außerdem nach dem korrekten Schallsignal für „ich wende über Backbord“ (das ist übrigens lang-kurz-kurz) fragt …
Die Schallsignale sind damit auch das einzige mir bekannte Element, das in der theoretischen und der praktischen Prüfung Relevanz haben kann.
Diesen Prüfungsteil muss ein Inhaber des SBF Binnen unter Antriebsmaschine oder des SBF See nicht absolvieren.
Prüfungsumfang unter Segel
Der gleichen Logik, wenn auch mit anderen Inhalten, folgt die praktische Prüfung unter Segel. Es gibt keine in der Prüfungsordnung definierte Mindestwindstärke (im Gegensatz zum SKS) – der Prüfer bestimmt, ob der Wind reicht oder zu stark ist. Wir sind am Samstag unsere Prüfung bei nahezu Flaute gefahren.
Pflichtmanöver sind wieder:
- Rettungsmanöver unter Segeln (Mensch über Bord)
- Anlegen unter Segeln
- Ablegen unter Segeln
Und wieder gilt: alle Manöver werden von jedem Prüfling gefahren und müssen ausreichend ausgeführt werden, jeder hat zwei Versuche. Wer also beim Aufschießer zum Steg beim Anlegen verhungert, startet einen zweiten Versuch. Selbst beim Boje-über-Bord gibt es diesen zweiten Versuch – also nicht zu Hektik hinreißen lassen!
Sonstige Manöver sind hier:
- Segel setzen/bergen
- Wenden/Halsen
- Anluven/Abfallen
- Steuern nach Wind/Schifffahrtszeichen
- Anlegen einer/s Rettungsweste/Sicherheitsgurts
Auch hier: der Prüfer wählt maximal drei Aufgaben aus, von denen zwei mit ausreichendem Ergebnis ausgeführt werden müssen.
Gewichtung im Prüfungsumfang
Was zu der etwas bizarren Situation führt, dass jemand, der eine Rettungsweste schließen und Segel bergen kann, diesen Teil bestehen kann, ohne ein Segelboot auch nur ansatzweise zu beherrschen. Und dass Wenden/Halsen (als sehr zentrale Manöver) gleichberechtigt erscheint zum unfallfreien Anlegen einer Rettungsweste, fand ich überraschend.
Da aber auf dem Segelboot ein Boje-über-Boot-Manöver ja alle wichtigen Manöver wie Anluven, Abfallen, Wende / Q-Wende / Halse (je nach dem, wie der Prüfling das angeht) und Aufschießer umfasst, kann sich der Prüfer dabei schon ein Bild machen, wie gut der Prüfling unterwegs ist.
In unserem Fall musste jeder Prüfling ablegen (mit seinem zweiten Prüfling als Vorschoter, der Prüfer blieb an Land auf dem Steg), dann einen Kreis fahren (mit Halse, Anluven, Wende, Abfallen), dann ein Rettungsmanöver und zurück zum Steg, anlegen – dann haben Rudergänger und Vorschoter getauscht, und alles nochmal von vorn.
in eigener Sache
Mein subjektiver Eindruck bei meiner Prüfung war: da waren alle, inklusive der Prüfer, gewillt, möglichst viel zu bestehen (und so war es dann auch). Die Prüfer hatten durchaus Gefühl dafür, wer nur unter Prüfungsbedingungen nervös und unsicher wurde und wer schlicht keine Ahnung hatte, was er da tat. Gerade unter den widrigen Bedingungen – nahezu kein Wind – haben die Prüfer eher wohlwollend bereits den Versuch eines Manövers gewertet, selbst wenn dem Prüfling zwischendurch der Wind ausging.
drei Tipps für die Praxisprüfung
Meine Wahrnehmung (und Empfehlung) – ohne Anspruch auf Richtigkeit und uneingeschränkte Anwendbarkeit:
- Wer die Knoten sicher beherrscht, nimmt sich selbst ein wenig der Nervösität, legt im Zweifel einen guten Start hin, macht den ersten guten Eindruck beim Prüfer und sammelt für sich selbst das erste Erfolgserlebnis.
- „Reden ist Silber“ – und Silber ist hier angemessen. Wenn Du ein Manöver abbrechen musst, wenn Du einen Knoten nochmal stecken möchtest, wenn Du die Aufgabe nicht hundertprozentig verstanden hast (sei es akustisch oder inhaltlich) – sag, was Du vorhast (und warum), oder frage nach. Der Prüfer kann viel besser beurteilen, ob Deine Aktion gerade angemessen ist, wenn er versteht, warum Du es tust. Vielleicht schätzt er die Lage anders ein als Du, kann dann aber nachvollziehen, warum Du auf Basis Deiner Sicht auf die Dinge die richtigen Maßnahmen eingeleitet hast.
- Verstehe, was Du tust! Das bezieht sich vor allem auf die Segelkommandos – da habe ich Samstag bizarre Situationen erlebt. Die Kommandos dienen der Kommunikation zwischen Rudergänger und Vorschoter und haben einen inhaltlichen Zweck – sie einfach nur auswendig herunterzubeten, hilft niemandem (auch nicht dem Prüfer).
Unsere Prüfung (wie auch die Ausbildung) lief auf Kielzugvögeln ab – mit einer Vorleine, ohne Achterleine, ohne Fender. Das Kommando „klar bei Vorleine“ macht also beim Ablegen viel Sinn, ein „klar bei Achterleine“ ist schon schwer fragwürdig. Aber wenn der Vorschoter dann auch noch reflexartig antwortet „Ist klar“ antwortet – was bei der Achterleine offensichtlich glatt gelogen war -, drängt sich der Verdacht auf, dass beide nicht abschließend verstanden hatten, wozu die Kommandos dienen. Könnte in der Realität gefährlich werden.
PS: ich habe übrigens bestanden und bin damit in Bezug auf den SBF Binnen jetzt vollständig hinsichtlich der Antriebsarten.
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