Immer wieder stehen insbesondere Anfänger vor der etwas verwirrenden Frage, ob und wie bzw. wo ihr neues (gebrauchtes) Boot anzumelden ist, welche Versicherungen abgeschlossen werden können und müssen und was sonst noch so mit einem neuen Boot verbunden ist. Ich versuche mal, etwas Licht ins Dunkel der Kennzeichnungspflicht zu bringen:
Kennzeichnungspflicht See vs. Binnen
Generell muss man zwischen der Gesetzeslage Binnen und See differenzieren, wobei die meisten Anmeldeformen („Kennzeichen“) sowohl binnen als auch im Seebereich gültig sind. Die Abgrenzung findest Du hier: http://www.wsv.de/wasserstrassen/anlagen/gliederung_bundeswasserstr_druck.pdf
Kennzeichnungspflicht Binnen
Unter Anmeldung versteht man bei Booten die „Kennzeichnung“. Der Kennzeichnungspflicht unterliegen Sportboote binnen mit einer Antriebsmaschine mit mehr als 2,21 kW (~3 PS) sowie Segelboote ab 5,50m Länge, gemäß der (etwas sperrigen) Verordnung über die Kennzeichnung von auf Binnenschifffahrtsstraßenverkehrenden Kleinfahrzeugen – Binnenschifffahrt-Kennzeichnungsverordnung, kurz KlFzKV-BinSch (kein Scherz!). Die Kennzeichnungspflicht ist damit also strenger als die Führerscheinpflicht – zwischen 3 und 15 PS ist ein Boot i.d.R. kennzeichnungspflichtig, aber auf Binnenschifffahrtsstraßen des Bundes außer dem Rhein nicht führerscheinpflichtig. (Früher galt hier die 5PS-Grenze.)
Boote, die nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegen, müssen mit ihrem Namen (frei wählbar) und innen mit Name und Anschrift des Eigners gekennzeichnet werden. Alle Kennzeichen müssen jeweils in heller Farbe auf dunklem Grund oder umgekehrt in mindestens 10cm großen lateinischen Buchstaben und arabischen Ziffern an beiden Seiten des Bootes im Bug- oder Heckbereich oder am Heck angebracht und jederzeit lesbar sein. Wie man das ordentlich macht, habe ich hier dokumentiert. Entsprechende Aufkleber gibt’s zum Beispiel bei Amazon.
Bei den Kennzeichen unterscheidet man amtliche Kennzeichen und amtlich anerkannte Kennzeichen. Beides sind zulässige Kennzeichen im Sinne der Kennzeichnungspflicht, mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen:
amtliche Kennzeichen der Wasser- und Schifffahrtsämter (WSA)
Jedes Wasser- und Schifffahrtsamt stellt amtliche Kennzeichen für Sportboote aus. Dazu genügt eine Kopie eines Ausweises (Personalausweis / Reisepass) des Eigners und ein Eigentumsnachweis (Kopie der Rechnung / des Gebrauchtbootkaufvertrags) . Für Boote ab 2,5m Länge, die nach dem 15.06.1998 in der EU erstmalig in Verkehr gebracht wurden (bei Wassermotorrädern: 31.12.2005; bei Inverkehrbringung in einem Land, das erst am 01.05.2004 der EU beigetreten ist, gilt der 30.04.2004 als Stichtag), ist zusätzlich eine Kopie der EU-Konformitätserklärung des Herstellers („CE-Kennzeichen“) erforderlich. (Update 19.07.19: Die Vorlage der CE-Konformitätserklärung ist offenbar nicht mehr erforderlich, die CE-Konformität muss aber natürlich noch gegeben sein.)
Das Format der WSA-Kennzeichen ist „XXX-YY 11“ mit XXX = Kürzel des jeweiligen WSA (1-3stellig), YY = zwei Buchstaben, 11 = 1-2 Ziffern. Oftmals ist ein Wunschkennzeichen möglich, wenn man mit dem Antrag höflich darum bittet und es frei ist. Der Eigner kann ein WSA seiner Wahl nehmen, es gibt keine lokale Bindung wie beim Autokennzeichen. Es gibt folgende WSA:
Startseite der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt
Das WSA-Kennzeichen kostet 18,- EUR einmalig und ist unbefristet national (auch im See-Bereich) und international gültig. Im Ausland sind mir nur Schwierigkeiten in Frankreich (gerüchtehalber) bekannt, die Franzosen akzeptieren es im Seebereich nicht, binnen hingegen sehr wohl.
Wassermotorräder (vulgo: Jetskis) haben keine Wahlfreiheit, sondern müssen auf See- und Binnenwasserstraßen ein solches amtliches Kennzeichen führen.
amtlich anerkannte Kennzeichen des DMYV, DSV oder ADAC
Amtlich anerkannt sind hingegen die Kennzeichen des Deutschen Motoryachtverbands (DMYV), des Deutschen Segler-Verbands (DSV) und des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs (ADAC). Sie heißen „Internationaler Bootsschein“ (IBS) und erfordern – wie auch das amtliche Kennzeichen – Daten zum Boot, zum Eigner und einen Eigentumsnachweis sowie ggfs. den Nachweis des CE-Kennzeichens (s.o.). Sie kosten zwischen 20,- und 25,- EUR für die Erstausstellung (abhängig von etwaiger Vereinsmitgliedschaft). Das Kennzeichen besteht aus einer fünfstelligen Nummer, gefolgt von einem Buchstaben: „M“ für den DMYV, „S“ für den DSV und „A“ für den ADAC.
Der IBS ist für zwei Jahre national (auch im See-Bereich) und international gültig, danach verliert er seine internationale Gültigkeit und muss für Fahrten im/ins Ausland verlängert werden (18,- EUR). Hinsichtlich Akzeptanzproblemen im Ausland ist mir nichts bekannt. National bleibt er unbefristet gültig und erfüllt damit weiterhin die Kennzeichnungspflicht.
Durch die Bindung an die Verbände gibt es hartnäckige Gerüchte, dass insbesondere bei Trailerbooten die amtlichen Kennzeichen von einigen vereinsorganisierten Yachthäfen und Einrichtungen nicht so gern gesehen sind, weil sie Ausdruck dafür sein könnten, dass der Eigner mit Vereinsarbeit nichts am Hut hat und „Schmarotzer“ der Verbandsvereine ist. Ich selbst habe diesbezüglich noch keine schlechte Erfahrung gesammelt.
Da der DMYV und der DSV pauschale Beiträge als Unterstützung zum Betrieb der Schleusen an den Staat abführen – das Schleusen in Schleusen des Bundes ist daher für Sportboote kostenlos -, spricht moralisch vielleicht etwas dafür, einen dieser dem Wassersport etwas näheren Verbände dem ADAC vorzuziehen. In Bezug auf die Anerkennung und Gültigkeit sind die Kennzeichen der drei gleichwertig.
Kennzeichnungspflicht erfüllen per Schiffsbrief
Wiegt das Boot mehr als 5 Tonnen, kann es, wiegt es mehr als 10 Tonnen (was 10 Kubikmeter Verdrängung entspricht), muss es im Binnenschiffsregister des Heimathafens eingetragen werden und erhält einen Schiffsbrief. Das daraus resultierende Kennzeichen besteht aus einer Nummer und dem Buchstaben „B“; zusätzlich muss der Name und der Heimathafen des Boots angebracht sein.
Die Kosten orientieren sich am Wert des Boots zzgl. einer Verwaltungsgebühr.
Auch der Schiffsbrief ist national wie international unbefristet gültig.
See
Im Seebereich gelten in vielerlei Hinsicht fundamental andere Regeln, wobei die oben aufgeführten Kennzeichen im See-Bereich ebenfalls gültig sind. Mein Fachwissen ist hier signifikant dünner, daher hier nur ein paar Basisinformationen dazu.
Name und Heimathafen
Im See-Bereich genügt bereits die Kennzeichnung des Boots mit Name und Heimathafen, es muss dafür nirgendwo angemeldet werden. Diese Kennzeichnung ist für Boote mit mehr als 3PS auf Binnenschiffahrtsstraßen nicht zulässig (s.o.).
Die mangelnden Formalitäten dieser Kennzeichnung haben auch Nachteile: so eignet sich diese Form systembedingt nicht dazu, das Eigentum am Boot oder den Zeitpunkt der Inverkehrbringung in den EU-Raum nachzuweisen (was für das CE-Kennzeichen fundamental sein kann, s.o.).
Flaggenzertifikat
Das Flaggenzertifikat wird vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (www.bsh.de) erteilt. Die Formalitäten sind hier deutlich strenger: der Kaufvertrag muss im Original oder als amtlich beglaubigte Kopie beigefügt werden, es sind zwei Fotos vom Boot mitzuliefern etc. (s. Link). Es kostet 40,- EUR für die Ersterteilung (8 Jahre gültig) bzw. 25,- EUR für die Verlängerung und ist national (auch im Binnenbereich) wie international als Kennzeichnung gültig.
Das Kennzeichen besteht aus einer fünfstelligen Zahl, gefolgt von dem Buchstaben „F“.
Ein Flaggenzertifikat kann auch ergänzend zu einem amtlichen Kennzeichen beantragt werden, dann wird das Flaggenzertifikat nicht gleichzeitig zur Kennzeichnung verwendet.
Schiffszertifikat
Das Schiffszertifikat ist das See-Pendant zum Schiffsbrief für Boote, die im Seeschiffsregister eingetragen sind. Das kann für Boote bis 15m und muss für Boote ab 15m Länge erfolgen. Verfügt das Boot gleichzeitig über eine UKW-Anlage, kann als Kennzeichen für das Befahren von Binnenwasserstraßen das Rufzeichen verwendet (und angebracht) werden.
Wie beim Schiffsbrief orientieren sich die Kosten am Wert des Boots zzgl. einer Verwaltungsgebühr.
Kennzeichnungspflicht: Fazit
Mit einem amtlichen Kennzeichen (Ausnahme: Frankreich See-Bereich) oder einem IBS ist man also bei Booten unter 10to Gewicht auf der sicheren Seite, erfüllt die Kennzeichnungspflicht und hat m.E. eine sinnvolle Balance aus administrativem Aufwand, Kosten und „Amtlichkeit“ zum Nachweis des Eigentums gefunden.
Beispiele:
- 12345-A: IBS des ADAC
- 12345-B zzgl. Name und Heimathafen: Schiffsbrief des Binnenschifffsregisters
- 12345-F zzgl. Name und Heimathafen: Flaggenzertifikat
- 12345-M: IBS des DMYV
- 12345-S: IBS des DSV
- Name und Heimathafen: nicht kennzeichnungspflichtig (< 3 PS) oder See-Bereich
- DD-1234 zzgl. Name und Heimathafen: UKW-Rufzeichen zum Schiffszertifikat
- 211123456 zzgl. Name und Heimathafen: MMSI zum Schiffszertifikat (???)
- DU-AB12: amtliches Kennzeichen, hier: WSA Duisburg-Meiderich
Sehr geehrte Damen und Herren!
Kann ich mit der Regensburger WSA ausgestellte Kennceihen am Plattensee
in Ungarn segeln?
Mfg..Ingrid Bohar
Kann ich mit der Regensburger WSA ausgestellte Kennceihen am Pöattensee
in Ungarn segeln?
Mfg.: Istvan Bohar
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Hallo,habe ein GFK Kabinenboot 6,5 m lang und 2 m breit an dem der Kielbalken am unter dem Rumpf ca 10 x 10 cm endet ca.1 meter vor dem Rumpf Abriss.Meine Frage: Wo muss die Kavitationsplatte befinden,am Abriss vom flachen Teil des Rumpfes oder auf der Höhe des Kielbalken?Auf eine Antwort werde ich mich freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Leon Waschnewski
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