CE-Plakette – der Wiederverkaufswertkiller

Kaum etwas wird so kontrovers diskutiert wie die CE-Konformität von Sportbooten und die damit verbundene CE-Plakette und -Urkunde. Dabei ist die Rechtslage sogar ziemlich einfach, die Praxis aber ein bisschen komplexer.

EU-Sportbootrichtlinie & 10. GPSGV

Worum geht es im Kern? Die EU hat vor langer Zeit eine EU-Sportbootrichtlinie erlassen, um uns EU-Bürger vor unsicheren und gefährlichen Sportbooten zu schützen. Im Grunde ist die Idee also durchaus begrüßenswert. In der Umsetzung gibt es ein paar Details, die es uns Yachties schwer machen.

Verlinkt habe ich eine kommentierte Version, interessanterweise von der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, die also eigentlich gar nicht betroffen ist. In Deutschland findet sich die EU-Sportbootrichtlinie in der etwas sperrigen „10. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über das Inverkehrbringen von Sportbooten), 10. GPSGV. Update 25.02.2020: Inzwischen ist die CE-Kennzeichnung Inhalt des „Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt„, ProdSG, vor allem §7.

CE-Kennzeichnung und CE-Plakette

Mit der Sportbootrichtlinie wurde die CE-Kennzeichnung für Sportboote eingeführt. Das CE-Kennzeichen an Produkten bestätigt, dass es ein Mindestmaß an Sicherheit bietet – bei Spielzeug ist das oft die Ungiftigkeit und Unverschluckbarkeit, bei Booten muss, um die CE-Plakette zu erlangen, beispielsweise eine definierte Rundumsicht vom Fahrstand aus gewährleistet sein. Die Zertifizierung erfolgt i.d.R. durch den Hersteller baureihenweise, also nicht für jedes einzelne Boot, sondern für das Baumuster. Allerdings gibt es natürlich Hersteller, die vorrangig für nicht-EU-Märkte produzieren und daher auf eine Zertifizierung verzichten. Hier kümmert sich dann der Importeur um die Zertifizierung und die CE-Plakette, und daher kann es sein, dass von zwei baugleichen Booten eins CE-zertifiziert ist und eins nicht.

Ist ein Boot zertifiziert, gehören dazu drei Dinge:

  • eine fest am Boot befestigte CE-Plakette (s. Foto)
  • eine Konformitätsurkunde, vom Hersteller oder EU-Importeur unterzeichnet, mindestens bei der Anmeldung vorzulegen
  • ein Handbuch in Landessprache des Zielmarkts
CE Plakette

CE Plakette

Die CE-Plakette umfasst zwingend die maximal zulässige Anzahl Personen an Bord, die maximale Zuladung, die maximal zulässige Motorleistung sowie die Kategorie (hier: C = küstennahe Gewässer) sowie natürlich das CE-Logo und die Kennnummer.

CE-pflichtig oder nicht? Die Bedingungen

Soweit, so gut. Kompliziert wird das für uns Yachties erst durch die Fristenregelung. CE-pflichtig sind nämlich:

  • alle Sportboote zwischen 2,50m und 24m Länge, die nach dem 15.06.1998 erstmalig im EU-Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht wurden,
  • alle Wassermotorräder, die nach dem 31.12.2005 erstmalig im EU-Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht wurden

Ausgenommen sind Eigenbauten für den Eigengebrauch, die dann allerdings auch für fünf Jahre nicht verkauft werden dürfen (oder anderenfalls CE-pflichtig werden), Tauchboote, Tragflächenboote, Luftkissenboote sowie vom Hersteller entsprechend gekennzeichnete Nachbauten von historischen Wasserfahrzeugen, die vor 1950 entworfen wurden.

Der Knackpunkt ist das Datum der Inverkehrbringung, das nur bedingt in einem Zusammenhang mit dem Baujahr steht. So kann ein Boot in 1995 gebaut, aber erst in 2010 aus den USA nach Deutschland importiert worden sein. Letzteres ist dann die Inverkehrbringung im EU-Wirtschaftsraum, damit ist das Boot formal CE-pflichtig. Wäre dasselbe Boot hingegen bereits 1997 importiert worden, unterläge es nicht der CE-Pflicht. So können sich zwei baugleiche Boote nicht nur in der CE-Zertifizierung, sondern sogar in der CE-Pflicht unterscheiden.

Diese Regelung leuchtet (wenn auch erst auf den zweiten Blick) durchaus ein – hätten doch bei einer rein baujahrbezogenen Regelung entweder zahlreiche bereits importierte Boote nachzertifiziert werden müssen, oder aber sich – angesichts der langen Nutzungszeiten – die Durchsetzung sehr lange hingezogen.

die CE-Plakette in der Praxis

In der Praxis gibt es jetzt viele lokale Unterschiede. Einige EU-Staaten wie beispielsweise Griechenland setz(t)en diese Richtlinie nicht besonders konsequent um. So lässt sich ein Boot in Griechenland problemlos bei den offiziellen Behörden anmelden, selbst wenn es der EU-Sportbootrichtlinie nicht entspricht. Es gibt sogar griechische Hersteller, die nach 2000 noch Neuboote ohne CE gebaut und vertrieben haben. Von Spanien und Frankreich hingegen heißt es (gerüchtehalber), dass sie die CE-Konformität mit Nachdruck umsetzen.

Kennzeichenzuteilung in Deutschland

In Deutschland gibt es generell eine ganze Reihe von Alternativen, zu einem Kennzeichen zu kommen – amtliche Kennzeichen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltungen (WSV), regional organisiert, oder amtliche anerkannte Kennzeichen von ADAC, DMYV und DSV. Da es keine Ortsbindung gibt, kann man also alle WSV-Dienststellen in allen sieben Direktionsbereichen abklappern – und dann noch alle ADAC-Geschäftsstellen etc., bis man eine findet, die mit der Sportbootrichtlinie nicht vertraut ist und ein CE-pflichtiges Boot auch ohne Nachweis der CE-Konformität zulässt.

Auch, wenn alle diese kennzeichenvergebenden Stellen gehalten sind, die CE-Pflicht und die CE-Konformität zu überprüfen, gelingt es derzeit doch noch recht häufig, ein CE-pflichtiges Boot auch ohne Vorlage der CE-Urkunde anzumelden – insbesondere, wenn es sich um eine Ummeldung eines bereits in Deutschland angemeldeten Bootes handelt (den Fehler also schon einmal jemand anders gemacht hat). Das löst das Problem aber nur bedingt – siehe unten.

Erwartungsgemäß wird sich diese Situation aber zunehmend ändern, so dass ein CE-pflichtiges Boot (und bei einem Baujahr 1999 ff. gibts da wenig Diskussionsspielraum hinsichtlich der Pflicht) ohne CE-Plakette sukzessive unverkäuflich, weil in der EU nicht mehr zulassungsfähig wird.

Hier gibt es eine gute Zusammenfassung des Wasser- und Schifffahrtsamts Koblenz zum CE-Zertifikat: Hinweise zur Sportbootrichtlinie

CE-Plakette und Ordnungswidrigkeiten

Gemäß der 10. Verordnung zum Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG, seit 2011: Produktsicherheitsgesetz, ProdSG), §5 Ordnungswidrigkeiten, handelt übrigens ordnungwidrig, wer:

  • mit einem CE-pflichtigen Sportboot ohne CE-Zertifizierung am Verkehr teilnimmt,
  • ein CE-pflichtiges Sportboot ohne CE-Zertifizierung auf dem Markt bereitstellt.

Nicht nur das Fahren, sogar bereits das Anbieten eines Boots ohne CE-Zertifizierung ist also eine Ordnungswidrigkeit (sofern das Boot CE-pflichtig ist). Für die Überwachung des ProdSG ist interessanterweise das Gewerbeaufsichtsamt zuständig (das auf dem Wasser eher selten anzutreffen ist), die Wasserschutzpolizeien dürfen aber natürlich die CE-Pflicht überprüfen und Verstöße ahnden.

Update 25.02.2020: Die 10. Verordnung zum GPSG / ProdSG ist in dieser Form nicht mehr gültig, die Bußgelder im Umgang mit der CE-Plakette findest Du jetzt im §39 des ProdSG. Interessanterweise enthält das aber nicht mehr in der gleichen Deutlichkeit eine Regelung zur Teilnahme am Verkehr mit einem CE-pflichtigen Sportboot ohne CE-Plakette. Und ich habe auch nach längerer Recherche die aktuelle Rechtsgrundlage nicht finden können. Wer das – ggfs. auf die harte Tour – herausfindet, dem wäre ich für einen Hinweis dankbar.

Wer ein Boot ohne CE-Plakette und -Urkunde kauft, hat also drei Möglichkeiten:

  • den Nachweis über die Nicht-CE-Pflicht, bspw. durch eine Rechnung über einen Kauf innerhalb der EU vor dem 15.06.1998 [31.12.2005 für Wassermotorräder], führen und gut aufbewahren,
  • hoffen, es zugelassen zu bekommen, ein paar EUR für Ordnungswidrigkeiten einplanen, und das Boot „zu Ende fahren“ – Wiederverkauf in der EU ist in sich schon eine Ordnungswidrigkeit und wird zunehmend schwierig,
  • nachzertifizieren! Ein Boot kann nachträglich zertifiziert werden und die CE-Plakette erhalten (wenn es denn der Sportbootrichtlinie entspricht), bspw. hier: http://www.ceproof.de/. Die Kostenbeispiele auf deren Website weisen ca. 1.500 – 1.800 EUR für einen durchschnittlichen US-Gleiter aus. Wer ein Schnäppchen ohne CE kaufen kann, für den ist das ggfs. eine echte Option, vorausgesetzt, das Boot ist prinzipiell zertifizierbar. Die Kosten umfassen die Zertifizierung, nicht aber die nötigen Umbauten, um die Konformität (als Voraussetzung der Zertifizierung) herzustellen.