Mit einem neuen Gebrauchtboot kommt oft ein gebrauchter Trailer. Je nach Alter bedarf der manchmal etwas Arbeit – mal mehr, mal weniger. Im Falle unseres neuen alten Seglers war das eher mehr: der Trailer wurde in 1979 gebaut und eher halbherzig gepflegt. Hier der Bericht, was zwischen dem Kauf und der erfolgreichen Zulassung stand.
Konkret geht es bei uns um einen Heinemann BA 85 B, 900kg zulässiges Gesamtgewicht (somit gebremst – ungebremst geht nur bis 750kg zul. GG), einachsig. Da der Rahmen vollverzinkt ist, hat er die knapp 40 Jahre relativ gut überstanden.
Den Hersteller gibt es nicht mehr (Heinemann ist nach einigen Wirrungen jetzt Teil von Westfalia Österreich, inzwischen sehr pferdelastig!), die Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) war dabei. Die Historie hinsichtlich Zulassungen hingegen ist unbekannt – keine Einträge in der ABE, keine offensichtlichen Kennzeichenspuren an der Lichtleiste. Manches spricht also dafür, dass es eine Erstzulassung wird.
Szenarien rund um den gebrauchten Trailer
Fangen wir mal mit einer Einordnung an. So ein gebrauchter Trailer ist entweder zugelassen oder nicht. Wenn ja, ist alles weitere einfach: gegebenenfalls braucht er eine neue Hauptuntersuchung (HU), dann ab zur Zulassungsstelle und ummelden. Das geht auch nach vielen Jahren noch: wir haben mal einen zugelassenen Trailer gekauft, der fünf (sic!) Jahre überfällig war hinsichtlich HU.
Ist der Trailer abgemeldet, gibt es drei Möglichkeiten: er war noch nie zugelassen, er ist seit weniger als sieben Jahren abgemeldet, oder seit mehr als sieben Jahren. Den jeweiligen Nachweis muss man zur Not führen können. Daraus ergeben sich drei verschiedene Szenarien:
einfache Wiederzulassung
Das einfachste Szenario – ähnlich der Ummeldung – ist die Wiederzulassung nach weniger als sieben Jahren. In diesem Fall braucht man wahrscheinlich eine frische HU, ansonsten ist das ein einfacher Verwaltungsakt. Die HU richtet sich nach dem Jahr der Erstzulassung, es werden also die zeitgenössischen Sicherheitseinrichtungen überprüft. Dazu kommen wir noch.
Vollgutachten für Trailer nach sieben Jahren
Ist der Trailer hingegen länger als sieben Jahre stillgelegt gewesen, ist ein Vollgutachten nach §21 StVZO („Vollabnahme“) erforderlich. Das ist relativ teuer, vor allem aber muss der Halter dazu unter Umständen Unterlagen zur Achse, den Bremsen etc. beibringen – existiert der Hersteller des Trailers nicht mehr, kann das aufwändig werden.
Erstzulassung
Eine Erstzulassung liegt natürlich vor, wenn der Trailer noch nie im Straßenverkehr zugelassen war („zugelassen“ ist im Kontext zulassungsfreier Anhänger etwas umgangssprachlich. Du weißt, was ich meine, oder?). Einen Aspekt hat das Vollgutachten mit einer Erstzulassung (EZ) gemein: es gelten die Zulassungsregeln zum aktuellen Zeitpunkt, nicht im Baujahr! Für Trailer bedeutet das unter anderem:
- seit 01.01.1987 sind Rückfahrscheinwerfer Pflicht (StVZO §52a); das ist vor allem auch deswegen doof, weil der alte, 7polige Stecker keine Leitung für die Rückfahrscheinwerfer vorsieht,
- seit 01.01.1991 ist eine Nebelschlussleuchte Pflicht (StVZO §53d),
- seit 01.10.1994 sind Seitenmarkierungsleuchten Pflicht (StVZO §51a).
Das bedeutet: wird ein Trailer im Rahmen einer HU zur Erstzulassung oder eines Vollgutachtens in 2018 (oder später) geprüft, muss er diese Regeln erfüllen. Dazu kommen noch ein paar Reflektoren und eine Änderung hinsichtlich der roten Warndreiecke nach hinten. Die aktuellen Beleuchtungsvorschriften hat Hella gut zusammengefasst.
Es kann also für die Zulassung eines Trailers von fundamentaler Bedeutung sein, ob er mehr oder weniger als sieben Jahre stillgelegt war. Ein Vollgutachten und damit die Anwendung der 2018er Zulassungsregeln ist nicht zwingend ein Spaß!
Trailer renovieren
In unserem Fall sprach vieles dafür, dass der Trailer noch niemals zugelassen war und somit 2018 die Erstzulassung (knapp 40 Jahre nach Baujahr!) erfolgen würde. Entsprechend umfangreich gestalteten sich die Renovierungsarbeiten.
Sind Rahmen und Achse soweit in Ordnung – unser Trailer hat 40 Jahre wohl überwiegend draußen gestanden, der Rahmen ist dank Vollverzinkung aber in gutem Zustand -, gibt es vor allem drei sicherheitsrelevante Baugruppen, die oft Arbeit brauchen:
- Reifen/Räder
- Bremse
- Beleuchtung
Im Fokus stand für mich, alles Sicherheitsrelevante in einen guten Zustand zu versetzen, aber auch den Gesamteindruck des Trailers zu verbessern. Das macht etwaige Verhandlungen mit dem Sachverständigen einfacher.
Reifen am Trailer
Unser Trailer kam offenbar mit der Originalbereifung (sic!) – 6.00 Zoll (152mm), Diagonalreifen, sehr schmal, ausgehärtet und auf verrosteten 12 Zoll Stahlfelgen. Als der Höhlenmensch das Rad erfand, gab’s diese Räder bestimmt schon … 12-Zoll-Reifen sind nicht leicht zu bekommen, die nächstsinnvolle Größe sind 13-Zöller. Hier kommt mir zugute, dass in einer 1979er ABE keine Reifengrößen angegeben sind. Die DEKRA sagte dazu auf telefonische Nachfrage: „Wenn in der ABE dazu nichts angegeben ist, kann ich auch nichts bemängeln“. Pragmatischer Mann, der.
Also habe ich nach einer Reifengröße gesucht, die vom Abrollumfang diesen 6.00ern nahe kam: Reifenrechner. Und siehe da – ein 185/60 R13 (auch nicht gerade Standard, aber durchaus günstig zu bekommen) hat einen bis auf 2mm gleichen Abrollumfang von ca. 168cm. Und einen Satz angegammelter, aber in der Substanz ordentlicher Skodafelgen mit dem gleichen Lochkreis habe ich bei eBay für 50 EUR bekommen (fünf Stück, zwei gehen wieder zurück ins eBay). Für 120 EUR hatte ich bei reifen.com drei nagelneue Reifen, fertig montiert auf die drei schönsten der Felgen.
Die Kotflügel waren jetzt etwas arg kuschelig. Kein Wunder bei über 3cm breiteren Reifen. Und weil sie ohnehin angerostet waren, wurden sie flugs ersetzt: Satz Kunststoffkotflügel von Amazon (30 EUR, bezahlter Link). Damit war eine mögliche H-Zulassung mangels Authentizität hinfällig, aber bei einem steuerfreien Nutzanhänger ohnehin eine Schnapsidee.
Bremse am Trailer
Kommen wir zur Bremse. So eine klassische einfache Auflaufbremse ist in der Sache trivial, im Detail aber knifflig. Die Funktionsweise einer Auflaufbremse ist hier gut erklärt. In aller Kürze:
- Das bremsende Zugfahrzeug übt Druck auf die Auflaufeinrichtung aus und schiebt die Schubstange in den starren Teil der Deichsel,
- eine Umlenkung wandelt diese Druck- in eine Zugbewegung um,
- diese Zugbewegung zieht über die Zugstange und die Bowdenzüge in den beiden Bremstrommeln (Tandemtrailer: vier Bremstrommeln) die Bremsbacken an die Bremstrommeln.
Dadurch wird der Anhänger langsamer, der Druck auf die Schubstange sinkt, dadurch sinkt die Bremskraft, die Entschleunigung des Trailers sinkt, dadurch steigt wieder der Druck und so weiter.
Knifflig wird das erst, weil das gleiche System noch zwei weitere Komponenten hat: die Handbremse und die Abrisssicherung.
Handbremse
Bei uns ist die Handbremse in die Umlenkung integriert und löst über einen verriegelten Hebel den gleichen Zug auf die Zugstange aus, den ein heftiger Druck auf die Schubstange erzeugen würde. Sie arretiert, weil ein kleiner Hebel mit zwei Stahlzähnchen in einen Zahnkranz greift. Diese Stahlzähnchen waren im Laufe der Zeit wegkorridiert, und ich musste sie mit der Flex nachmodellieren.
Abrisssicherung
Die Abrisssicherung ist ein (meist rotes) Stahlseil mit einem speziellen Karabinerhaken am Ende. Diesen Karabiner bitte nie durch etwas Stabileres ersetzen! Das Stahlseil legst Du mit diesem Karabiner um den Kugelkopf des Zugautos. Löst sich jetzt während der Fahrt der Anhänger vom Auto, gerät dieses Stahlseil unter Spannung, löst die Handbremse aus, der Anhänger leitet eine Vollbremsung ein, und dann reißt der Karabiner ab. Er ist also eine Sollbruchstelle und soll sich unter Last zerlegen. Bei uns zieht auch die Abrisssicherung wieder an der Umlenkung und wirkt somit ebenso wie die Handbremse und die Schubstange auf das gleiche System.
Stahlseil und Karabiner waren bei uns wieder vergammelt und wir haben sie ersetzt (wieder Amazon, 5 EUR, bezahlter Link). Und damit das mit dem Lösen gar nicht erst passiert, haben wir auch die Zugeinrichtung getauscht (Amazon, ca. 25 EUR, bezahlter Link). Achtung: diese unterscheiden sich nach Form und Durchmesser der Schubstange sowie der maximalen Anhängelast!
Der Rest der Bremse bedurfte bei uns nur des Zerlegens, Entrostens, Grundierens, Zusammensetzens und Fettens. Zinkstaubspray (Amazon, 7 EUR, bezahlter Link) hilft, dass es nicht sofort wieder rostet. Außerdem sollte man die Bremse so einstellen, dass sie a) bei gelöster Handbremse auch wirklich frei ist, b) bei leicht angezogener Handbremse früh anfängt zu packen und c) auf beiden Seiten leidlich gleichzeitig und gleichmäßig Bremskraft aufbaut.
Beleuchtung
Technisch ist die Beleuchtung trivial. Wir reden über 12V, entweder 21W (Blinker, Bremslicht) oder 5W (Rücklicht, mit integrierter Kennzeichenbeleuchtung). Mechanisch ist das ganze etwas aufwändiger. Schließlich müssen gesetzliche Maße eingehalten werden, und wetterfest soll das auch sein.
(Wie man eine Klepper FAM mit Bordmitteln vom Trailer ab- und wieder auflädt, erläutere ich in einem separaten Beitrag.)
Es gibt zur Anhängerlänge passende Beleuchtungs– und Reflektorensets (Amazon, 13 und 8 EUR, bezahlter Link). Bei unserem relativ kleinen/kurzen Trailer genügt (nach 1979er Regeln!) eine Leuchte auf jeder Seite: sie kombiniert Blinker, Rücklicht mit integrierter Kennzeichenbeleuchtung und Bremslicht. Das ist also leistbar. Ich habe ihm dann noch eine Nebelschlussleuchte spendiert (weil der 7polige Stecker das hergibt). Damit die Leitungen auf Dauer wetterfest bleiben, habe ich alle Verbindungen mit Schrumpfverbindern (bezahlter Link) ausgeführt. Das ist eine Kreuzung aus Quetschverbinder und Schrumpfschlauch: erst werden die Kabel fest vercrimpt, und danach mit Hitze der Schlauch angeschrumpft. DAS ist wasserdicht.
mit dem Trailer zur HU
Und damit ging’s dann zur DEKRA zwecks HU – unbeladen. Das ist bei Bootstrailern ein zweischneidiges Schwert: eigentlich müssen Anhänger unbeladen vorgeführt, überführt etc. werden. Allerdings verhält sich ein leerer Bootstrailer auf dem Bremsenprüfstand unkooperativ: bei wenigen hundert Kilo Eigengewicht kann man so eine Bremse, die 900kg abbremsen können soll, nicht sinnvoll testen.
Also beschränkte sich die HU auf einen Leuchtentest, eine Vollbremsung (ob sich die Auflaufeinrichtung bewegt), ein Anfahren mit Handbremse (ob die Achse blockiert) und einen Rückfahrtest (ob die Rückfahreinrichtung auslöst). Das waren keine zehn Minuten, gut 50 EUR und eine frische HU ohne Befund. Geil!
letzte Station: das Amt
Das (Wunsch-)Kennzeichen hatte ich im Vorfeld reserviert und bei einer Behindertenwerkstatt anfertigen lassen. Das ist insgesamt billiger als die unverschämt hohen Preise für Schilder an der Zulassungsstelle zu zahlen, und schneller geht’s dann vor Ort auch noch. Also ab zur letzten Station – Bürgeramt der Stadt Mülheim, meiner Heimat.
Und da gab’s dann gleich noch einmal eine böse Überraschung. Eine ABE als 1979 enthält eine Reihe von Angaben nicht – beispielsweise das Leergewicht, die Anzahl Achsen und die zulässige Bereifung. Sowas war in den Siebzigern halt einfach nicht relevant. Für die 2018er Version der Software, die die Zulassungsstelle verwendet, sind das aber Pflichtfelder. Und es bedurfte tatsächlich einer telefonischen Eskalationsrunde über DEKRA und Amt-Führungskraft sowie eines zweiten Termins (mit in der Spitze vier [sic!] Sachbearbeitern), um die Software zu überlisten und den Anhänger zuzulassen. Im Fahrzeugschein bestehen jetzt die meisten Angaben aus „-„, was bei einem zulassungsfreien Anhänger aber auch irgendwie nicht schlimm ist.
Fazit
Ein ziemliches Projekt insgesamt, und wäre an der Bremse/Achse etwas Ernsthaftes defekt gewesen, wäre der wirtschaftliche Totalschaden nah gewesen. Ein neuer 900kg-Trailer liegt bei um die 1.000 EUR.
Unser Invest:
Preis | Artikel | Bemerkung |
---|---|---|
121,80 EUR | 3 neue Reifen inkl. Montage | inkl. Reserverad |
55,10 EUR | Zulassung inkl. Wunschkennzeichen | |
52,00 EUR | 5 gebrauchte Stahlfelgen | ausstehend: Verkauf von 2 davon |
51,00 EUR | HU gebremster Anhänger <3,5to, DEKRA | |
28,80 EUR | Satz Kotflügel | |
21,65 EUR | neue Zugeinrichtung, Rundrohr | |
15,80 EUR | Waschmaschinenunterlage aus Hartgummi | daraus neue Auflagen gezimmert |
13,95 EUR | Trailerschloss | |
13,47 EUR | 2x neuer Stecker (7polig), 1x neue Buchse | |
12,99 EUR | Zinkstaubspray | |
10,99 EUR | Schrumpfverbinder | großzügiges Set |
8,99 EUR | Kennzeichen | |
7,99 EUR | Reflektorset | 2 Dreiecke, 8 Kreise (rot/weiß/gelb) |
5,19 EUR | Nebelschlussleuchte | |
4,95 EUR | Abrissseil mit Karabiner | |
3,99 EUR | 10x Sofittenleuchtmittel für Rückleuchten | |
2,38 EUR | Stützlastaufkleber | mehr Kosmetik als Notwendigkeit |
431,04 EUR | Summe |
Nicht mitgezählt sind ein paar Meter Kabel, ein bisschen Sikaflex für die Langauflagen, Kabelbinder etc. Das ist schon richtiges Geld, aber bei dem aktuellen Zeitwert von gebrauchten Trailern trotzdem noch angemessen.
Hallo, ich wollte mir eigentlich einen recht alten gebrauchten Trailer zulegen, aber nun sollte ich vorher noch einmal etwas genauer hinschauen. Vielen dank für den wirklich sehr guten Artikel, interessant zu lesen und sehr ausführlich, Daumen hoch von mir.