Zu weit? weit genug? Kommt darauf an.

Slippen: die Dos and Don’ts des Zuwasserlassens

Für Trailerkapitäne ist es fester Bestandteil des Hobbys: Das Slippen des Bootes an einer dafür geeigneten Sliprampe. Das bedarf einer gewissen Vorbereitung und Routine, bevor das reibungslos klappt. Hier möchte ich ein  paar Meilensteine meiner persönlichen Lernkurve wiedergeben, um anderen Anfängern ein paar schmerzhafte Erfahrungen zu ersparen.

Als ausführliche Checkliste zum (Rein-) Slippen:

  • Boot vorbereiten
    • Persenning abnehmen
    • ggfs. Flaggenstock aufbauen
    • ggfs. Funkantenne aufrichten
    • ggfs. Bimini-Top aufrichten
    • Transportsicherung (auch die des Antriebs) entfernen, außer: Windenseil!
    • Material an Bord schaffen (insb. Papiere, Sicherheitsausstattung, Notstopp-Seil, …)
  • Lenzstopfen überprüfen und ggfs. eindrehen
  • Lichtleiste abnehmen und in sicherer Entfernung ablegen
  • zusätzlich Kabel des Trailers vom Auto trennen
  • lange Tampen und Fender am Boot belegen
  • ggfs. Langauflagen herunterkurbeln
  • Sliprampe prüfen
    • Wasserstand
    • Länge der Rampe unter Wasser
    • Steigung
    • Untergrundbeschaffenheit im Bereich der Antriebsachse(n)
  • auf die Rampe fahren, bis:
    • das Boot aufschwimmt, oder
    • die Hinterachse des Autos / die Steckdose sich der Wasseroberfläche nähert
  • Slippen!
  • Gespann abstellen (Unterlegkeile statt Feststellbremse verwenden)

Das ist die Erfahrung aus mittlerweise 11 Don’ts beim Slippen, die ich im folgenden ausführlicher mit Euch teilen möchte.

DON’T Nr. 1: auf der Sliprampe rumbummeln

Andere, bereits vorbereitete oder einfach routiniertere Kollegen – oder sogar ein Notfall – könnten die Sliprampe benutzen wollen, während Du noch kramst. Das führt nur zu Stress bei anderen und letztendlich Dir, und unter Stress vergisst Du vielleicht etwas Wichtiges. Also auf dem Gelände des Yachthafens (ohne Lichtleiste ist der Trailer nicht für den Straßenverkehr geeignet), aber nicht direkt an der Sliprampe oder im Wendebereich parken und das Boot vorbereiten. Dazu zählen vor allem:

  • Persenning abnehmen
  • Transportsicherungen (Antrieb / Außenborder, Propeller, …) entfernen
  • Spanngurte abnehmen
  • Lichtleiste abnehmen
  • Lenzstopfen (so vorhanden) kontrollieren
  • Tampen und Fender befestigen
  • Kühlbox, Rettungswesten, Papiere, … an Bord schaffen

Dann zügig auf die Sliprampe, slippen, Boot sicher anlegen, Gespann wegstellen. Das ist nicht nur höflich, sondern zeugt auch von Rücksichtnahme und Professionalität.

Gleiches auf dem Rückweg – Trailer ins Wasser, Boot slippen, hochkurbeln, Gespann zur Seite stellen und in Ruhe alles umladen, festtüddeln etc. Wenn Du unter Zeitdruck die Ladungssicherung vergisst (oder die Lichtleiste, oder oder oder), kann das blöd ausgehen.

DON’T Nr. 2: Slippen ohne Lenzstopfen

Nicht alle Boote haben einen Lenzstopfen – das ist ein Schraubstöpsel an der tiefsten Stelle des Hecks, über den Wasser, das sich im Bootsinneren gesammelt hat (Spritzwasser, Regenwasser, durch Lecks, …), ablaufen kann. Im Wasser läuft das Wasser hier nicht ab, sondern rein – das Boot sinkt langsam. Das führt in der Regel zu sehr hektischen Rettungsmanövern, ist das Problem erstmal bemerkt. Das Kontrollieren des Lenzstopfens muss unbedingt Routine bei jedem Slippen werden. Allerdings hat nicht jedes Boot einen.

Nach dem Rausslippen, am besten noch direkt auf der Sliprampe,  solltest Du den Lenzstopfen auf jeden Fall mindestens kurzzeitig öffnen, um zu kontrollieren, ob sich heimlich Wasser in der Bilge sammelt. Meist hat der Lenzstopfen eine Bohrung: eine Sorgleine an dieser Bohrung (oder ein Kabelbinder) – so kurz, dass es in Fahrt nicht in den Propeller gerät – sorgt dafür, dass der Lenzstopfen nicht verloren geht. Ein Ersatzlenzstopfen (und sei es ein Korken) im Boot ist eine weitere gute Idee.

DON’T Nr. 3: Slippen mit Lichtleiste

Das ist aus mindestens zwei Gründen nicht gut: erstens schließt dies gegebenenfalls die Elektrik des Autos kurz, und eine Sicherung löst (hoffentlich) aus, zweitens passt das Boot meist nicht über die Lichtleiste. Ganz nebenbei sind die Leuchten und die Steckverbinder nicht zwingend für das Tauchen im (Salz-?)Wasser ausgelegt.

Die Lichtleiste solltest Du außerhalb des Gefahrenbereichs ablegen – nicht, dass Du selbst oder ein Kollege beim Rangieren darüberfährst. Das hält sie in der Regel nicht aus. Steht der Trailer während des Bootfahrens im Straßenverkehr, muss sie nach dem Slippen wieder dran, da sie in der Regel die vorgeschriebenen Reflektoren und das Kennzeichen umfasst.

DON’T Nr. 4: Slippen ohne Tampen

Was ist das Ziel beim Slippen? Richtig – das Boot zu Wasser lassen. Was passiert also, wenn Du Erfolg hast? Das Boot treibt im Wasser. Es hat sich als praktisch erwiesen, wenn es das nicht ganz allein und unbeobachtet tut: ein, zwei ausreichend lange Tampen, ordentlich am Boot belegt, mit einem Helfer am anderen Ende (an Land) helfen ungemein. Das Boot soll an einen Steg gezogen werden, damit Du auch noch einsteigen kannst, wenn Du das Gespann weggestellt hast? Dann wären zwei, drei Fender am Boot – vorzugsweise auf der Seite des Stegs – auch super.

Slippen mit griffbereitem Tampen

Slippen mit griffbereitem Tampen

Diese Erfahrung ist empirisch gesammelt – auf dem Rhein. Glaub‘ mir: die Erfahrung willst Du nicht selbst machen!

DON’T Nr. 5: Windenseil / -gurt vor dem Slippen lösen

Damit Dein Boot und Dein Trailer auf der Straße eine Einheit bilden, gibt es eine Reihe von Spanngurten sowie den Windenstand, die Winde und auf ihr einen Gurt oder ein Stahlseil, der meist mit einem Karabiner an der Bugöse des Boots eingehakt ist.

Diesen Karabiner solltest Du als Einzigen nicht bereits bei den Vorbereitungen (s. DON’T Nr. 1) lösen! Wirklich spektakulär slippen kannst Du zwar, wenn Du das Seil / den Gurt schon aushakst, das Gespann mit guter Schrittgeschwindigkeit rückwärts auf die Rampe und ins Wasser fährst und zum richtigen Zeitpunkt beherzt eine Vollbremsung hinlegst – das Boot wird, sofern die Trailerrollen leichtgängig sind, durch die Beharrung der Masse elegant und mit einer beeindruckenden Heckwelle ins Wasser gleiten. (Besonders blöd wird’s jetzt, wenn kein Tampen am Boot ist – siehe DON’T Nr. 4.)

Das Problem ist: jeder Versuch, früher zu bremsen, ist in diesem Szenario fatal. Slippen auf Asphalt geht nämlich unheimlich aufs Material. Also keine Chance, das Gespann zu korrigieren, wenn es diagonal auf der Sliprampe steht, und auch der Bremspunkt muss perfekt passen – nicht zu früh, nicht zu spät (s. DON’T Nr. 8). Weniger spektakulär, aber ungleich entspannter ist es daher, das Windenseil erst zu lösen, wenn der Trailer im Wasser steht und das Boot aufschwimmt.

DON’T Nr. 6: Langauflage vergessen

Damit das Boot ins Wasser gleitet, muss es über die Kielrollen rollen – genau deswegen sind das auch Rollen [Walzen] und nicht einfach nur Stützen. Das ist jedoch zum Scheitern verurteilt, wenn die zusätzlichen Langauflagen hochgekurbelt sind – das Boot liegt auf, die Rollen können nicht rollen, weil das Boot sich gar nicht bewegen will. In diesem Fall musst Du zum Slippen soweit – zu weit – reinfahren, bis das Boot aufschwimmt: das ist je nach Steigung der Rampe und Länge des Gespanns nicht möglich. Also Langauflagen besser vorher herunterkurbeln. Auch hier: nicht jeder Trailer hat so etwas.

DON’T Nr. 7: Trailer mit Handbremse abstellen

Das ist nicht immer, aber in den meisten Fällen ein DON’T. Stelle Dir folgendes vor: Du fährst das Gespann über die Autobahn zur Sliprampe, bremst gelegentlich, die Trommelbremsen des Trailers werden schön warm. Dann fährst Du ins Wasser, die warme Trommelbremse läuft voll und wird nass, insbesondere auch zwischen Belag und Trommel. Dann stellst Du den Trailer nach wenigen Metern ab, bremst auf dem Weg dorthin vermutlich nicht viel (fährst ja ohnehin Schrittgeschwindigkeit), ziehst die Handbremse an und gehst Bootfahren – stundenlang, tagelang. Ergebnis: Belag und Trommel gammeln durch Flugrost schön zusammen. Wenn Du dann wiederkommst und willst den Trailer bewegen, blockiert er potenziell auf allen zwei [vier] Rädern – bisschen schwierig beim Slippen. Hammerschläge helfen, Unterlegkeile statt Handbremse sind aber noch viel besser.

DON’T Nr. 8: zu weit / nicht weit genug in’s Wasser fahren

Dieses DON’T ist tricky, weil es keine klare Regel gibt – das Optimum unterscheidet sich je nach Rampe, Wasserstand, Auto, Trailer und Boot. In der Regel gilt jedoch:

  • Die wenigsten Trailer-Boot-Rampe-Kombinationen erlauben es, die Trailerachsen beim Slippen trocken zu lassen – mindestens eine Achse muss eigentlich immer ins Wasser.
  • Die Steckdose des Zugfahrzeugs sollte im Trockenen bleiben. Je nach Konstruktion des Trailers solltest Du den Stecker des Trailers ausstöpseln – erstens ist die Klappe der Steckdose fast wasserdicht, und zweitens liegt das andere Ende des Kabels im Trailer (wo die Lichtleiste drangehört) potenziell eher im Wasser.
  • Gerade bei Einachs-Trailern gilt: versuche, den Verlauf der Rampe unter Wasser zu erkennen. Die Rampe ist in der Regel nicht kilometerlang ins Wasser gebaut, sondern endet an einer abrupten Kante; bei Niedrigwasser kann es Dir also passieren, dass die Achse von dieser (Unterwasser-)Kante kippt, und dann wird es richtig blöd.
  • Gerade beim Rausslippen gilt: denk‘ an den Grip! Ein heckgetriebenes Zugfahrzeug mit der Hinterachse auf Sand wird nicht helfen.
  • So weit wie möglich rein (meist ist das Auto – Steckdose oder Hinterachse – der limitierende Faktor), um Muskeln und Material zu schonen: je mehr das Boot aufschwimmt, umso leichter wird das Slippen.
  • Wasserstand ist ein Thema. Entweder Tide, aber auch kurzfristig, bspw. am Rhein oder im Kanal bei vorbeifahrenden Berufsschiffen, die den Wasserstand in Buchten durchaus um 30-40cm schwanken lassen können. Fährt man im „falschen“ Zeitpunkt auf die Rampe, kann das Auto schon eine Minute später geflutet werden. Also den Wasserstand gut beobachten und auch mal auf die „Nassgrenze“ am Ufer achten.
Slippen am Rhein: ein bisschen weiter rein wäre auch ok gewesen

Slippen am Rhein: ein bisschen weiter rein wäre auch ok gewesen

Zu weit? weit genug? Kommt darauf an.

Zu weit? weit genug? Kommt darauf an.

 DON’T Nr. 9: Experimente zwischen Zugfahrzeug und Trailer

Reinslippen ist meist kein Problem – die Schwerkraft hilft, und einen leeren Trailer von max. 600kg kriegt eigentlich jedes Zugfahrzeug auch wieder aus dem Wasser. Spannender ist der Rückweg, wenn die vollen 1,8 oder gar 3,5 Tonnen aus dem Schlick sollen (klar gibt es auch leichtere Boote, die stellen aber beim Slippen keine echte Herausforderung dar).
Wohl dem, der dann mit Allrad und Geländeuntersetzung langsam den Sechszylinderdiesel auf das Automatikgetriebe loslässt und die Fuhre millimeterweise stressfrei herausholt. Sowas hat aber nicht jeder. Also müssen Ideen her.

Meines Erachtens ist dabei die Verbindung zwischen Zugfahrzeug und Trailer heilig – diese zu trennen und mit Abschleppseilen, -stangen oder Tampen zu verlängern, um das Zugfahrzeug auf gripfähigen Untergrund zu bekommen, ist ein DON’T! Und zwar aus verschiedenen Gründen:

  • Die Kugelkopfverbindung nimmt nicht nur Längs-, sondern auch Quer- und vor allem Vertikalkräfte auf. Wenn der Trailer beim Slippen in Ungleichgewicht gerät, bspw. weil er unter Wasser über einen Stein hoppelt, hält er sich ggfs. am Auto „fest“ und nutzt das Gewicht des Autos zum Stabilisieren. Ohne das wird er unkontrollierbar.
  • Das Stützrad ist genau das: ein Rad zum Stützen. Es ist keinesfalls geeignet, den beladenen Trailer zu fahren – erst recht nicht auf sandigem / unebenem Untergrund auf der Sliprampe.
  • Wenn das Seil reißt, bremst nichts und niemand den Trailer – die gesamte Fuhre geht gen Wasser.

Also immer: Zugfahrzeug und Trailer zusammenlassen und Unterstützung (durch Dritte) immer an der vorderen Zugöse des Zugfahrzeugs ansetzen. Nur dann ist der Trailer auch im Fall von Pannen sicher. Bei modernen Autos liegt diese Zugöse im Bordwerkzeug und muss eingeschraubt werden, früher war sie starr verbaut. Sich schonmal schlau zu machen, wo die eigene Zugöse wohl steckt, ist immer eine gute Idee. Ich habe gerade erst auf einer sandigen Sliprampe selbst zum Rausziehen des leeren Trailers die (dort fest installierte) Seilwinde als Unterstützung gebraucht – mit immerhin einem Hyundai ix35 SUV.

DON’T Nr. 10: Motorkühlkreislauf trockenfahren

Bootsmotoren sind mit ganz wenigen Ausnahmen (kleine Außenborder) wassergekühlt. Bei einigen Stahlverdrängern sind das Kiel- oder Rumpfkühlungen, bei denen Teile des Rumpfs als Wärmetauscher dienen. Alle anderen pumpen „Seewasser“ (also Umgebungswasser) ins Innere, entweder in einen Wärmetauscher (Zweikreiskühlungen) oder direkt in den Motorblock (Einkreiskühlung sowie die meisten Außenborder). Dieses Pumpen übernimmt der Impeller – ein Gummi- oder Neoprenflügelrad, vom Motor angetrieben.

Und genau dieser Impeller steht überhaupt nicht darauf, trocken zu schaufeln: Wasser pumpen kann er gut; wenn er Luft schaufeln muss, wird er binnen Sekunden zu warm und konvertiert in kleine schwarze Krümel. Das wird bei der nächsten Belastung des Motors nahezu unweigerlich zu einem Hitzetod führen, weil a) die Pumpleistung fehlt und b) die kleinen schwarzen Krümel die Kühlkanäle zusetzen.

Also: niemals auch nur wenige Sekunden einen solchen Motor an Land, ohne dass der Kühleinlass unter Wasser ist, laufen lassen! Nicht zum Test, nicht zum Spaß, nicht aus Versehen! Zum Beispiel auch nicht, wenn man – das ist die hohe Kunst des Slippens – mit dem Boot direkt auf den Trailer fährt: erst Bootsmotor aus, dann Gespann rausfahren.

DON’T Nr. 11: unangemessenes Kalt- /Warm- / Leerfahren

Auch das ein nicht triviales Thema. Je nach Motorisierung und Revier ergibt sich die Frage des Warmfahrens und Vergaserleerfahrens. So habe ich meinen Zweitakter nach der letzten Fahrt der Saison vor dem Slippen immer leergefahren (also Tank abgestöpselt und – fest am Steg angebunden – mit Viertelgas vorwärts so lange den Hafen verwirbelt, bis die Schwimmerkammer vom Vergaser leer war). Das geht aber auch nur, wenn man weder durch Lärm noch durch Blockieren des Stegs jemanden behindert.

Jetzt habe ich einen Turbodiesel. Das Problem bei Turboladern ist ihre immens hohe Drehzahl – über 100.000 U/min ist keine Seltenheit. Dazu sollte das schmierende Motoröl besser mal schön warm und dünnflüssig sein: bei Temperaturen um den Gefrierpunkt reinslippen und den Lader gleich mal auf Belastungsdrehzahl zu prügeln, könnte Auswirkungen auf die Lebenserwartung haben. Gleiches gilt beim Zurückkommen: ein Turbolader in freier Wildbahn wird gern mal rotglühend warm – ihm dann sofort die Ölzufuhr abzuknipsen, indem man den Motor ausmacht, kann ebenfalls Folgen haben. Daher: Turbomotoren (i.d.R. Diesel) sowohl angemessen warm- als auch „kalt-„fahren – insbesondere in strömenden Gewässern, wo man oft direkt an der Sliprampe schon ein bisschen Motorleistung braucht. Hier lieber mal noch ein paar Minuten in der Strömung stehen als gleich schon in feinster Gleitfahrt loszuballern.

In Bewegtbildern und englisch (nicht von mir!):

Und als Realfilm (englisch):

to be continued …